Betrachtungen zum Tabernakel - St. Johannes BO-Wattenscheid-Leithe

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Betrachtungen zum Tabernakel

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Tabernakel St. Johannes - Foto:© Tim Wollenhaupt

Der Tabernakel in St. Johannes – Gott ist da!

Den Tabernakel in unserer Kirche finde ich besonders bemerkenswert. Weil er uns, wie ich meine, so viel Besonderes von unserem Gott zeigen und erzählen kann. Ich möchte Sie mit der folgenden Betrachtung einladen, einmal näher hinzuschauen und sich auf die Geschichten einzulassen, die er uns erzählen kann. Es sind Geschichten von Gott und den Menschen, vom Leben und Glauben, vom Damals, vom Heute und von der Zukunft.

Wir sehen ein Kunstwerk, das aus zwei Teilen besteht: dem Tabernakel im Vordergrund und einem geschmiedeten Stabwerk im Hintergrund. Bleiben wir zunächst bei dem Stabwerk im Hintergrund. Obenauf sind kleine Flammen zu sehen, die einen brennenden Busch darstellen. Der brennende Busch erinnert uns an eine überraschende, geheimnisvolle Begegnung, von der im Alten Testament, im Buch Exodus, erzählt wird. Während der Wüstenwanderung des Volkes Israel, auf der Flucht aus der Zwangsarbeit in Ägypten, offenbart sich Gott dem Führer des Volkes, Mose. Gott zeigt sich Mose im Zeichen des brennenden und doch nicht verbrennenden Dornbuschs und sagt ihm, wer er ist: „Ich bin JHWH“ (Exodus 3,14) – „Ich bin der Ich bin da.“ Gott ist „Ich bin da“. „Ich bin da“ heißt: nicht mal hier, mal dort bin ich da, nicht nur zu bestimmten Zeiten oder an bestimmten Orten, sondern: immer. Gottes „Ich bin da“ hat keinen Anfang und kein Ende, es war immer schon und hört niemals auf. Das ist Gottes wunderbare Zusage an uns. Ein großes Geheimnis, uns nahegebracht in dem Bild vom Dornbusch, der brennt, aber doch nicht verbrennt.

Wenn wir den Tabernakel vor dem Dornbusch betrachten, sehen wir zunächst einen „Kasten“ aus Bronze. Unser Tabernakel-„Kasten“ ist schön verziert mit kristallenen Steinen, ein richtiges Schmuckkästchen, ein besonderer Aufbewahrungsort für das, was uns Christen das Allerheiligste ist. Bleiben wir noch einen Moment bei der Beobachtung, dass es sich bei unserem Tabernakel um einen „Kasten“ handelt. Der „Kasten“ erinnert mich an das, was uns das Alte Testament im Buch Exodus über die weiteren Geschehnisse während der Wüstenwanderung des Volkes Israel erzählt:
Eines Tages erteilt Gott Mose und den Israeliten eine Anweisung: „Macht mir ein Heiligtum! Dann werde ich in eurer Mitte wohnen!“ (Exodus 25,8). ER macht deutlich: Ich will bei euch sein, mitten unter euch! Gott fordert Mose auf, eine Lade herzustellen, in der die Bundesurkunde, die den Bund zwischen Gott und den Menschen bezeugt. aufgehoben werden soll. Es ist Gott wichtig, dass wir Menschen diesen Bund, den er gestiftet hat, immer vor Augen haben. Die Lade ist eine Art Kasten. Sie soll immer mitgenommen werden, so will es Gott, und im Zeltlager des Nomadenvolkes in einem besonderen Zelt, dem Offenbarungszelt, aufgestellt werden. Ein Vorhang soll die Sicht auf das Allerheiligste verdecken. Ein Licht, das nie verlöscht, soll als Zeichen der immerwährenden Gegenwart Gottes beim Allerheiligsten stehen. … Ich muss ein wenig schmunzeln, wenn ich die spannenden und sehr detaillierten Beschreibungen und Anweisungen Gottes  im Buch Exodus lese. Ich glaube, Gott weiß, dass wir Menschen sehen und anfassen müssen, um verstehen zu können: Ja, Gott ist wirklich da und geht unsere Wege mit – durch alle Tage und Nächte unseres Lebens!
Unser „Tabernakelkasten“ erinnert mich an jenen Kasten, von dem das Alte Testament erzählt.
Wir Christen bewahren unser Allerheiligstes in einem „Kasten“ auf. Der „Tabernakelkasten“ ruft uns sowohl den alten Bund in Erinnerung, den Gott mit Mose geschlossen hat, als auch den neuen Bund, den er durch und in Christus mit uns eingegangen ist. Das ewige Licht zeigt diese Verbindung ebenfalls. Gott ist da – in Jesus Christus. Jesus ist das Licht der Welt, Licht vom Licht Gottes. Wussten Sie eigentlich, dass „JESUS“ übersetzt „GOTT RETTET“ heißt?

Für uns ist der Tabernakel ein sichtbares Zeichen der Gegenwart Gottes in unserem Leben. Wenn wir den Tabernakel öffnen, stoßen wir zu allererst auf einen Vorhang. Er soll, wie der Vorhang im Offenbarungszelt, die Sicht auf das Allerheiligste verdecken. Jedes Mal, wenn ich den Tabernakel öffne, denke ich: Ja, es ist gut, dass es diesen Vorhang gibt. Ich kann einen Moment innehalten, bevor ich ihn zur Seite schiebe und mich dem Allerheiligsten nähere. Es braucht einen Moment, in dem der Blick auf das, was uns so wertvoll ist, noch verstellt ist. Ich brauche diesen Moment, um mir bewusst zu machen: Gott will uns begegnen, jetzt gleich im Brot, aber auch sonst, an jedem Tag, in jeder Minute, Sekunde unseres Lebens. Dieser Moment ist mir immer wichtig. Wenn ich dann langsam den Vorhang zur Seite geschoben habe, bin ich vorbereitet.

Der „Tabernakelkasten“ steht auf einem Stein.
Dieser Stein hat doch eine recht außergewöhnliche Form, finden Sie nicht auch? Es sind Konturen zu sehen – Konturen mit Rundungen. Es sind – ja, kann es denn sein? – Aber es sieht doch ganz so aus: Konturen eines weiblichen Körpers!
Das ist schon verblüffend. – Oder auch nicht! Denn: Wie Gott in die Welt, zur Welt kommt, das wissen wir doch schließlich: Durch Maria! Durch eine Frau! Weihnachten, die Menschwerdung Gottes, geschieht durch eine Frau! Weihnachten fällt nicht einfach vom Himmel. Weihnachten geschieht ganz natürlich: Eine Frau wird schwanger und bringt ein Kind zur Welt. Gott kommt zur Welt durch eine Frau, die bereit ist, mit Gott „schwanger“ zu gehen, die ihm Raum gibt in sich, ihm ihre Sorge schenkt, ihre Liebe. Die bereit ist, Gottes Liebe zu erwidern. Maria ist selbst „Tabernakel“, Heiligtum, in dem Gott wohnt. Wir singen es auch so in einem Gottesloblied:
„O Jungfrau ohne Makel, o schöne Himmelsblum‘,
der Gottheit Tabernakel, der Gnade Heiligtum …“ (vgl. das „alte“ Gotteslob Nr. 875)

Weihnachten  … eine schwangere Frau …
Ich muss doch noch einmal hinschauen – und: Ja! Tatsächlich! Selbst das zeigt uns der Stein! Das Foto lässt nur erahnen, was man vor Ort in der Kirche noch viel besser erkennen kann: Der „Bauch“ des Steins ist nach vorn gewölbt – wie bei einer Schwangeren! Der „Kasten“ mit dem Allerheiligsten steht auf einem Stein, der eine Schwangere darstellt?!
Aber ja, genau so ist es doch! Gott kommt zur Welt, zur Erde – aber damit nicht genug. Er kann gar nicht anders Mensch werden als durch Menschen, die mit ihm „schwanger“ gehen! Menschen wie Maria. Aber auch Menschen wie Sie und ich. Gott klopft bei uns an und bittet um Raum. Raum in uns, damit er in uns wachsen und durch uns zur Welt kommen kann. So kann sein Segen sich ausbreiten: in uns, unter uns, bei uns in Leithe und in der ganzen Welt. So kann er sich uns schenken. So kann Friede werden.

Ach übrigens …
Vielleicht haben Sie es schon gesehen: Das gesamte Kunst-werk steht auf einer kleinen Insel, auf einer kleinen, acht-eckigen Insel. Die Zahl Acht in der christlichen Zahlensymbolik erinnert uns an den achten Tag der Woche, den Sonntag, an dem Jesus Christus von den Toten auferstanden ist. Auch die Mathematik kennt ja die „8“ als ein Symbol für Unendlichkeit, denken Sie an die liegende „8“. Die „8“ ist Symbol für die Unendlichkeit, weil Anfang und Ende ineinander fallen. Das Achteck zeigt uns dasselbe: Anfang und Ende sind eins. Anfang und Ende, das Alpha und Omega des Lebens, ist Christus. Das Achteck ist Zeichen für die Ewigkeit, Zeichen des Lebens und der Liebe, die in alle Ewigkeit währen.
Ja. Gott ist da für uns. Er sagt es uns, jeder und jedem von uns persönlich zu: „Ich bin da für dich!“

Und ganz zum Schluss …
erlauben wir uns vielleicht doch eine Frage: Ist das alles nur Zufall oder haben sich die Menschen, die an der Gestaltung des Tabernakels und des Dornbuschs beteiligt waren, all das ganz bewusst so überlegt? – Nun, ich weiß es nicht. Wenn es aber „Zufall“ sein sollte, dann muss der Heilige Geist kräftig mit im Spiel gewesen sein!

©
Anke Wolf

Foto:© Tim Wollenhaupt
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